Diagnosen und Prognosen

 "Alle Beteiligten (...) müssen sich darüber im Klaren sein,
dass unvorhergesehene Fehlbildungen oder andere Krankheiten
postnatal eine ganz andere Relevanz haben können als pränatal vorhergesehen."
(Maier und Obladen 2011)*


Zunächst einmal gilt es zu unterscheiden zwischen Diagnosen und Prognosen. 
Eine Diagnose ist die tatsächliche Feststellung einer Erkrankung (z.B. einer Chromosemnanomalie nach einer Fruchtwasseruntersuchung). Aufgrund der vorliegenden Befunde aus den Untersuchungen (Ultraschall, Blutuntersuchungen, Gendiagnostik) stellt der Arzt eine konkrete Diagnose.
Prognosen sind dagegen vielmehr eine Einschätzung zur Entwicklung des Kindes, basierend auf Erfahrungswerten aus der Vergangenheit. Das schwierige an Prognosen ist, dass sie nie 100%ig gestellt werden können und sich dann in der Realität auch individuell sehr unterschiedlich bewahrheiten können oder nicht. Wie sich das Kind während Schwangerschaft und nach der Geburt dann also tatsächlich entwickelt, kann man nicht abschließend vorher festlegen. 
Es kann also sein, dass sich das Kind viel besser entwickelt, als erwartet, es kann aber auch das Gegenteil eintreten: dem Kind geht es viel schlechter, als angenommen. Beides ist möglich.

Die im Rahmen von regulärer Pränataldiagnostik meist festgestellten Erkrankungen, die als infaust gelten, also eine lebensverkürzende Prognose haben ("nicht lebensfähig", "nicht mit dem Leben vereinbar" sind in überschaubar. Dazu zählen etwa die selteneren Trisomien 13 und 18, Anenzephalie, schwere Nierenfehlbildungen (daraus resultierend wenig oder gar kein Fruchtwasser und damit keine Lungenreife), Erkrankungen die einen schweren Hydrops (Wasseransammlungen im Körper des Kindes) verursachen, schwere Herzfehler, manche Skelettdysplasien. Daneben kann es aber auch sein, dass durch die Kombination einiger Fehlbildungen, auch ohne konkrete Diagnose, ebenfalls zu einer infausten Einschätzung kommt.

Die tatsächliche Einschätzung und Prognose sollte nur ein interdisziplinäres Fachteam  stellen, d.h. Fachleute aus den Fachbereichen, die die Erkrankung des Kindes betreffen (Kinderärzte und entsprechend spezialisierte Fachärzte) und nicht der Gynäkologe/ Pränataldiagnostiker allein. Eine fachliche Zweitmeinung ist immer wünschenswert.




* Maier RF, Obladen M (2011): Neugeborenenintensivmedizin. Evidenz und Erfahrung. Springer Verlag, Berlin, Seite 553